Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


sortimentspolitik_und_category_management

Sortimentspolitik & Category Management: Mit den Augen des Kunden sehen

Eine durchdachte Sortimentspolitik ist das strategische Herzstück unseres kaufmännischen Handelns. Sie definiert, welche Produkte wir anbieten, warum wir sie anbieten und wie wir sie präsentieren. Ein guter Bäcker kennt seine Rezepte. Ein exzellenter Kaufmann-Bäcker kennt seine Kunden und baut sein Sortiment um deren Bedürfnisse und Kaufanlässe herum auf.

Der klassische Fehler: Die produktionsorientierte Sicht

Traditionell neigen wir im Handwerk dazu, unser Sortiment so zu gliedern, wie wir es in der Backstube herstellen. Wir denken in Warengruppen wie:

  • Brötchenartikel (alle Sorten von Weizen- bis Körnerbrötchen)
  • Brotartikel (alle Laibe)
  • Feingebäck (Croissants, süße Teilchen)
  • Kuchen und Torten

Diese Einteilung ist für unsere interne Organisation, die Produktion und die Wareneinsatzkalkulation absolut notwendig. Sie ignoriert aber die wichtigste Person im gesamten Prozess: den Kunden. Ein Kunde denkt selten in unseren Produktionskategorien.

Die Lösung: Category Management (Die Brille des Kunden aufsetzen)

Hier kommt das Category Management ins Spiel. Dieser Ansatz revolutioniert die Sortimentspolitik, indem er die Perspektive um 180 Grad dreht. Wir betrachten unsere Produkte nicht mehr isoliert, sondern fassen sie zu Kategorien zusammen, die einem bestimmten Kundenbedürfnis oder Kaufanlass entsprechen.

Jede dieser Kategorien wird wie eine eigene kleine Firma im Unternehmen behandelt – eine strategische Geschäftseinheit (SGE) mit eigenen Zielen und KPIs.

Wie denkt der Kunde? Beispiele für kundenorientierte Kategorien:

Statt in „Brötchen“ oder „Kuchen“ denkt der Kunde in Anlässen:

  • Kategorie „Schnelles Frühstück für's Büro“:
    • Produkte: Belegtes Brötchen, Kaffee zum Mitnehmen, ein Croissant, ein kleiner Orangensaft.
    • Analyse: Diese Produkte stammen aus 3-4 verschiedenen unserer internen Warengruppen, erfüllen aber für den Kunden einen einzigen Kaufanlass.
  • Kategorie „Wochenend-Brunch mit der Familie“:
    • Produkte: Ein großer Brotlaib, eine gemischte Tüte mit 6 verschiedenen Brötchen, ein Hefezopf, Konfitüre.
  • Kategorie „Die Nachmittags-Belohnung“:
    • Produkte: Ein Stück Sahnetorte, ein Cappuccino, ein Cookie.

Praktische Umsetzung und betriebswirtschaftlicher Nutzen

Dieser Perspektivwechsel hat enorme Auswirkungen auf unser Geschäft:

  • Thekengestaltung: Statt eines „Brot-Ecks“ und eines „Kuchen-Ecks“ können wir eine „Frühstücks-Zone“ schaffen, in der der Kunde alles für diesen Anlass findet. Dies fördert aktiv das Cross-Selling.
  • Angebotsgestaltung: Wir können gezielte Menü-Angebote schnüren (z.B. „Frühstücks-Deal: belegtes Brötchen + Kaffee“), die den durchschnittlichen Bonwert direkt erhöhen.
  • Controlling: Wir analysieren nicht mehr nur, wie viel Umsatz „Brötchen“ machen, sondern welche Kaufanlässe die profitabelsten sind. Das liefert ungleich tiefere Einblicke für strategische Entscheidungen.
  • Optimierung: Die ABC/XYZ-Analyse wird weiterhin angewendet, aber nun innerhalb dieser kundenorientierten Kategorien, um zu entscheiden, welches Produkt der „Held“ der jeweiligen Kategorie sein soll.

Fazit: Eine moderne Sortimentspolitik wechselt die Perspektive – weg von der reinen Produktionslogik hin zur konsequenten Orientierung am Kaufanlass des Kunden. Das ist der Unterschied zwischen dem reinen Verkaufen von Backwaren und dem strategischen Management von Kundenzufriedenheit und Profitabilität.

sortimentspolitik_und_category_management.txt · Zuletzt geändert: von Stefan Agethen

Donate Powered by PHP Valid HTML5 Valid CSS Driven by DokuWiki